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Geisel-Drama in der Frontstadt

erstellt am 31.8.2020; aktualisiert am 31.5.2023

Berliner Innensenator Andreas Geisel 2017 Nicola, Wikimedia Commons, CC-by-sa 4.0, 2017 UEC Track Elite European Championships 002, CC BY-SA 4.0 extern🡽

Andreas Geisel wuchs in Ost-Berlin auf und trat mit 18 Jahren in die SED ein. Vier Jahre später trat er kurz vor der Wende wieder aus. Über seine SED-Mitgliedschaft war Geisel nach eigenen Worten "nicht stolz", aber er mochte sich auch nicht dafür "schämen". Nach der Wende wurde Geisel 1990 Mitglied bei den Sozialdemokraten (SPD) und leitete als Krönung seiner Karriere von Dezember 2016 bis Dezember 2021 die Senatsverwaltung für Inneres und Sport in Berlin. Nach der Abgeordnetenhauswahl ernannte ihn die neue Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey im Dezember 2021 zum Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen. Aber auch dieses Amt musste er nach der Wiederholungswahl 2023 aufgeben, als ein neuer Senat unter Führung der CDU gebildet wurde.

Die im folgenden Bericht beschriebene Demonstration vom 29.8.2020 in Berlin hatte Geisel als Innensenator kurzerhand verboten, musste die Entscheidung nach Gerichtsentscheid aber wieder zurücknehmen.

Diesen (geänderten) Bericht verfasste ich am 31.8.2020 als Leserbrief, der aber wegen Passagen, die "teilweise beleidigend und nicht überprüfbar sind", nicht akzeptiert wurde.

Einleitende Sätze:

Ich halte mich an die Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln und beim Einkaufen. Wenn es einen Impfstoff geben sollte, werde ich mich impfen lassen. Wenn andere eine gegenteilige Entscheidung für sich treffen, können sie das tun. Die Grippeschutz-Impfung ist ja auch freiwillig. Ich bin also kein Corona-Leugner, halte Bill Gates für keinen Verschwörer. Und Reichsbürger sollen genauso bestraft werden wie Antifa-Gruppen, wenn Straftaten nachgewiesen werden.

Ich bin am 29.8.2020 zum ersten Mal seit langer Zeit wieder auf einer Demonstration gewesen. Erstens war ich empört über die Unverschämtheit von Andreas Geisel, der als Innensenator Grundrechte zu schützen und nicht aufzuheben hat. Mit meiner Teilnahme wollte ich diesem "Querdenker" zeigen, wie wichtig mir das Grundrecht der Versammlungs- und Meinungsfreiheit ist. Zweitens wollte ich mir ein eigenes Bild von den Menschen machen, die laut der Meinung von Mainstream-Medien und Politikern als Nazis und Schlagetots "unser Berlin" stürmen wollten.

Aber schon vergessen? Anfangs haben unsere Politiker und die medizinischen Fachleute von Maskenpflicht überhaupt nichts wissen wollen. Ja, es wurde sogar davon abgeraten, von wegen falsches Sicherheitsgefühl und so. War die Gesundheit der Menschen weniger gefährdet? Es ist nicht schlimm, wenn Politiker und Medien sich irren. Es ist aber unerträglich, andere zu diffamieren, nur weil sie den Irrungen und Wirrungen der Eliten nicht folgen können oder auch nicht mehr folgen wollen.

HSCF1130_Demonstration gegen die Corona-Politik am 29.08.2021 © 2020 KopfsplitterFoto

Zurück zur Demo. Entgegen anderslautender Behauptungen gibt es in Berlin keine Maskenpflicht in der Öffentlichkeit. Diese gilt nur, wenn die Abstandsregeln nicht eingehalten werden (dagegen wird übrigens tausendfach auf Flohmärkten verstoßen). Als ich vom S-Bahnhof Friedrichstraße auf selbige blickte, saßen die meisten Demo-Teilnehmer auf der Straße. Es gab keinerlei Absperrung am Bahnhof. Obwohl die Straße total überfüllt war, hat die Polizei überhaupt nichts unternommen, den Zustrom zu stoppen. Und ich konnte ohne Probleme auf eine Demo gelangen, die eigentlich übervoll war. Am Tränenpalast hatte sich eine Gegendemonstration versammelt. Weitergehen konnte auf der Straße keiner mehr. Die Seitenstraßen waren anscheinend weitgehend abgeriegelt. Anwälte versuchten bei der Polizeiführung zu erreichen, den Kessel zu öffnen. Die Polizei bestand aber auf Auflösung. Irgendwann ging es dann doch schrittweise vorwärts - bis zum nächsten Halt.

Demonstration gegen die Corona-Politik am 29.08.2020 © 2020 KopfsplitterFoto

Erstaunlich war, wie friedfertig und geduldig mit diesen Schikanen umgegangen wurde. Auch über Lautsprecherdurchsagen wurde ständig und intensiv auf die Menschen eingewirkt: Die Polizisten sind nicht unsere Gegner, keine Gewalt, Frieden, Freiheit, Absingen der Deutschlandhymne (3. Strophe natürlich). Die Durchsagen der Polizei bestanden indessen aus Warnungen und Drohungen. Vollkommen überflüssig. Vielleicht sollten Gewaltszenen provoziert werden, um der Polizeiführung und ihrem Dienstherrn den gewünschten Anlass zu liefern.

Demonstration gegen die Corona-Politik am 29.08.2020 © 2020 KopfsplitterFoto

Es gab zahlreiche Sperrungen durch die Polizei. Ich selbst bin mehrfach (z. B. am Brandenburger Tor und Unter den Linden) zurückgewiesen worden, als ich mich von den Menschenmassen entfernen wollte. Ich weiß nicht, ob das zur Taktik der Polizei gehörte. An einigen Stellen gab es auch Abriegelungen durch Gegendemonstranten. Gegen diese ging die Polizei in keiner Weise vor, obwohl sich dort niemand an irgendwelche Abstandsregeln hielt. Übrigens: Ich finde es bezeichnend, wenn die "Nazi"-Schreier der Gegendemonstranten keine Skrupel hatten, rote Fahnen mit Hammer und Sichel zu schwenken. Da passt ein Zitat, das ich mal irgendwo gelesen habe, wonach sich der Faschismus bei seiner Wiederkehr als Antifaschismus ausgeben werde.

Demonstration gegen die Corona-Politik am 29.08.2020 © 2020 KopfsplitterFoto

Ich konnte mich dann Richtung Brandenburger Tor entfernen. Schwarz-weiß-rote Kaiserflaggen waren zu sehen und sind nicht zu leugnen. Die gehören ins Museum und auf keine Demo, vor allen Dingen auf keine zukünftige. Aus meiner Sicht haben die Reichsbürger ihr eigenes Ding gemacht und waren isoliert. Die Polizei hatte die Situationen vor der amerikanischen und russischen Botschaft zu jeder Zeit unter Kontrolle. Übrigens sah ich vor der amerikanischen Botschaft, wie sich drei oder vier Polizisten auf einen Demonstranten knieten (!), einer schlug dabei mehrmals verdeckt in die Nierengegend. Da haben wohl die deutschen Polizisten von ihren amerikanischen Kollegen gelernt. Von der Schusswaffe wurde aber kein Gebrauch gemacht.

Demonstration gegen die Corona-Politik am 29.08.2020 © 2020 KopfsplitterFoto

Auf der Straße des 17. Juni waren unglaubliche Menschenmassen unterwegs. Ich war oft dort, wenn Fußballspiele übertragen wurden. Damals standen die Leute natürlich enger beieinander. Aber auch am Samstag saßen, standen, liefen Zehntausende bis zur Siegessäule. Nach meiner Meinung waren es eher Hunderttausend als 30.000. Überall waren Lautsprecher zwischendurch aufgebaut. Viele Familien, erstaunlich viele Jugendliche, zig Yoga-Anhänger. Ich kam mir zeitweise vor wie auf einem Kirchentag und sah übrigens kein einziges AFD-Plakat.

Demonstration gegen die Corona-Politik am 29.08.2020 © 2020 KopfsplitterFoto

Ich stand an der Siegessäule in der Hofjägerallee, nur wenige Schritte von der Polizeipräsidentin Barabara Slowik entfernt. Inmitten von Demonstranten war sie vollkommen entspannt. Sicher auch, weil bei den Ansprachen immer wieder und sehr eindringlich auf die Abstandsregel hingewiesen wurde. Unter dem Beifall der Anwesenden versuchte man, so gut es ging, sich auf dem Gelände zu verteilen. Dazu wurden auch die Grünflächen des Tiergartens genutzt.

Auf die Redebeiträge möchte ich nicht eingehen, sie sind inzwischen auf Youtube veröffentlicht. Interessant fand ich einen Politiker der Grünen, David Claudio Siber, der eine andere Meinung als seine Partei vertrat. Wie nicht anders zu erwarten, droht ihm von den Parteigenossen inzwischen der Rauswurf. Ebenfalls sprachen der Sohn von Robert Kennedy, der vor gefährlichen Kontrollmechanismen warnte und Fußball-Weltmeister Thomas Berthold mit seiner ganz persönlichen Sicht der Dinge.

Demonstration gegen die Corona-Politik am 29.08.2020 © 2020 KopfsplitterFoto

Diese Republik geht gerade den Bach runter. Und das liegt bestimmt nicht an den paar Reichsbürgern, sondern daran, dass von den Machteliten und ihren Lautsprechern in den Leit-Medien kritisches Hinterfragen ausgeschaltet werden soll. Es geht nicht mehr um die Erhaltung der Gesundheit, sondern um die Erhaltung der Macht. Aber merke: Aus Ohnmacht erwächst Wut und dann ist es nicht mehr weit zum Hass. Gott bewahre uns davor.

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