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Tabubruch: Löbe-SPD stimmt für Hitler

aktualisiert am 27.4.2023

Briefmarke mit dem Motiv von Paul LöbeFoto (gemeinfrei) von Wikipedia
Berliner Briefmarke zum 100. Geburtstag von Paul Löbe 1975

Ein wichtiges Funktionsgebäude des Deutschen Bundestags im Berliner Regierungsviertel ist das Paul-Löbe-Haus (PLH), welches 2001 eröffnet wurde. Benannt ist das Gebäude nach dem Reichstagspräsidenten der Weimarer Republik und Alterspräsidenten des ersten Deutschen Bundestags, Paul Löbe (1875 bis 1967). Dieser war seit 1895 Mitglied der SPD und wurde im April 1933 in den Parteivorstand der Sozialdemokraten gewählt.

In einer Zeit, in der die Namensvergabe für alle möglichen Straßen, Plätze, Gebäude und Denkmäler auf den Prüfstand kommen, ist es angebracht, auch Paul Löbe einer genauen Betrachtung zu unterziehen. Und da kommt Erstaunliches zu Tage.

Zweifellos können einige Verdienste des Sozialdemokraten aufgezählt werden. Aber laut Informationen aus dem Internet (z. B. Wikipedia) hat der politische Lebenslauf von Löbe auch ein paar dunkle Flecken.

Das Versagen der SPD-Führung bei der nationalsozialistischen Machtübernahme am 30. Januar 1933 ist heute offensichtlich. Der SPD-Vorstand lehnte es ausdrücklich ab, sich dem Generalstreikaufruf der KPD, den diese an die SPD, den Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund (ADGB) und an weitere Gewerkschaften gerichtet hatte, anzuschließen. Ein Generalstreik und die Zusammenarbeit von Sozialdemokraten, Kommunisten und Gewerkschaften waren im März 1920 die zentralen Kampfmittel gewesen, den reaktionären Kapp-Putsch scheitern zu lassen. Stattdessen bestanden die SPD-Führer in einer Erklärung darauf, den Kampf gegen die Hitler-Regierung ausschließlich "auf dem Boden der Verfassung" zu führen.

Die Verfassung jedoch, auf deren Boden die Sozialdemokraten gegen die Regierung agieren wollten, wurde am 28. Februar 1933 nach dem Reichstagsbrand durch die Notverordnung "Zum Schutz von Volk und Staat" weitgehend außer Kraft gesetzt. Es begannen Verfolgungen vor allem gegen die KPD, aber auch gegen SPD-Genossen. Tatsächlich nahmen an der zweiten Sitzung nach der Reichstagswahl von den 120 Abgeordneten der SPD nur 94 teil, keiner von der KPD.

Otto WelsFoto (gemeinfrei) von Wikipedia
Otto Wels

Diese Sitzung war für den 23. März 1933 angesetzt und sie war in der Tat eine historische. Es ging um nichts weniger als den Bestand der parlamentarischen Demokratie. Allein die SPD stimmte jedoch gegen das Ermächtigungsgesetz, das der Hitler-Regierung eine fast unbeschränkte Machtbefugnis einräumte. Der gesundheitlich geschwächte SPD-Vorsitzende Otto Wels hatte es sich nicht nehmen lassen, vorher in einer aufwühlenden Rede die Ablehnung der Gesetzesvorlage zu begründen. In Erinnerung bleibt sein Satz: "Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht."

Überhaupt kann der Mut jedes einzelnen Mannes und jeder einzelnen Frau der SPD-Fraktion nicht hoch genug bewertet werden. Trotz Pöbeleien und Drohungen im direkten Umfeld stellten sie sich ihrer Verantwortung. Das bleibt eine Tatsache, auch wenn sich die sozialdemokratischen Abgeordneten in vorauseilendem Gehorsam entschieden, den nicht unwichtigen Satz in der Rede von Otto Wels zu streichen, der die verfassungswidrige Behandlung der 81 kommunistischen Abgeordneten anprangerte.

Das Gesetz wurde schließlich mit 441 Stimmen gegen die 94 Stimmen der SPD angenommen und trat schon am nächsten Tag in Kraft. Der Reichstag hatte sich praktisch selbst ausgeschaltet. Die Reichsregierung konnte fortan alleine die Gesetze erlassen und war nicht mehr auf die Zustimmung des Parlaments angewiesen. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass auch einige wichtige Politiker der später gegründeten Bundesrepublik für das Gesetz stimmten: Der erste Bundespräsident Theodor Heuss, der spätere Bundesminister und CDU-Politiker Ernst Lemmer, der erste Ministerpräsident von Baden-Württemberg Reinhold Maier, der spätere Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Bundesminister Heinrich Krone.

Ende April kamen Sozialdemokraten im unzerstörten Teil des Reichstagsgebäudes zu einer Parteikonferenz zusammen und wählten einen neuen Parteivorstand. Dieser wurde aus Sicherheitsgründen ins Exil außerhalb Deutschlands geschickt.

Als Hitler für den 17. Mai die nächste Reichstagssitzung ansetzte, um über seine "Friedensresolution" abstimmen zu lassen, berief der Fraktionsvorsitzende Paul Löbe - ohne Rücksprache mit dem Parteivorstand im Exil - die Fraktion nach Berlin. Nachdem der SPD-Vorstand davon erfahren hatte, versuchte er, Löbe und die Restfraktion ultimativ dazu zu bewegen, an dieser Reichstagssitzung nicht teilzunehmen und diesen Schritt mit der Misshandlung von SPD-Anhängern in den Konzentrationslagern zu begründen.

Von den ehemals 120 gewählten Abgeordneten der SPD konnten sich inzwischen nur noch 65 in Deutschland frei bewegen und nach Berlin kommen. Aber auch diese dezimierte Restfraktion war sich uneinig, wie sie mit der Resolution umgehen sollte. Drei Alternativen standen zur Diskussion: Der Resolution zustimmen, eine eigene Resolution einbringen oder überhaupt nicht an der Sitzung teilnehmen. Es setzten sich schließlich die Anhänger Paul Löbes durch, die sich durch eine Zustimmung ein Entgegenkommen der Hitler-Regierung erhofften.

Wilhelm Hoegner 1930Foto (gemeinfrei) von Wikipedia
Wilhelm Hoegner, 1930

Wilhelm Hoegner, einer der SPD-Abgeordneten, schildert in seinem 1977 erschienenen Buch "Flucht vor Hitler: Erinnerungen an die Kapitulation der ersten deutschen Republik 1933" als Zeitzeuge das Geschehen auf der Reichstagssitzung vom Mai 1933:

"Eine sanftere Friedensrede hätte auch Stresemann nicht halten können. Bei dem Vergleich der SA mit der Feuerwehr brachen die nationalsozialistischen Abgeordneten in herzliches Gelächter aus. Wir Sozialdemokraten warteten gespannt auf Angriffe gegen uns. Als sie ausblieben, sahen sich manche in unseren Reihen freudig überrascht und glücklich an. Jetzt kam die Abstimmung. Unsere Nachbarn zur Rechten, die katholischen Parteien, blickten voll Erwartung auf uns. Wir erhoben uns mit ihnen und stimmten der Erklärung des deutschen Reichstags zu.
Da brach ein Beifallssturm der anderen Abgeordneten los. Selbst unser unversöhnlichster Gegner, Adolf Hitler, schien einen Augenblick bewegt. Er erhob sich und klatschte uns Beifall zu. Der Reichstagspräsident Göring aber stand auf und sprach großartig die Worte: 'Das deutsche Volk ist immer einig, wenn es sein Schicksal gilt.' Er befahl mit lauter Stimme, die Tatsache der einstimmigen Annahme der Erklärung des deutschen Reichstags in die Niederschrift über die Sitzung aufzunehmen.
Dann fingen die deutschnationalen Abgeordneten das Deutschlandlied zu singen an. Die meisten in unseren Reihen sangen mit. Manchen liefen die Tränen über die Wangen. Es war, als hätte uns Sozialdemokraten, die man immer als die verlorenen Söhne des Vaterlandes beschimpfte, einen unsterblichen Augenblick lang die gemeinsame Mutter Deutschland ans Herz gedrückt."

Auch wenn die in Deutschland gebliebenen Sozialdemokraten um ihre Freiheit und sogar um ihr Leben fürchten mussten, hatte die SPD-Reichstagsfraktion unter Führung von Paul Löbe endgültig ihre Ehre verloren. Die Auseinandersetzungen zwischen der heimischen Löbe-SPD und den nach Prag geflohenen Genossen verschärften sich zusehends.

Toni PfülfFoto (gemeinfrei) von Wikipedia
Reichstagsabgeordnete Toni Pfülf (SPD)

In diesem Zusammenhang muss auf das tragische Schicksal von Antonie "Toni" Pfülf eingegangen werden. Sie gehörte ebenfalls der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion an und stimmte wie alle Parteimitglieder gegen das Ermächtigungsgesetz. Pfülf befürchtete in der Folgezeit das Schlimmste und hatte schon im Februar ihr Testament gemacht.

Als Reichskanzler Adolf Hitler für den 17. Mai die nächste Reichstagssitzung ansetzte, um über seine "Friedensresolution" abstimmen zu lassen, gehörte Toni Pfülf zu einer Gruppe von 17 Abgeordneten, die gegen eine Teilnahme an der Reichstagssitzung votierten. Ihre Begründung: "Wie vieler bitterer Erfahrungen bedarf es noch, bis ihr begreift, dass wir hier missbraucht werden sollen."

Am Sitzungstag ging sie nicht in den Reichstag, sondern stieg in den Zug nach München und schluckte Schlaftabletten, die aber ihre Wirkung verfehlten. Die Genossen versuchten, sie zur Emigration zu bewegen. Vergeblich. Am 8. Juni 1933 nahm Toni Pfülf sich das Leben. Vier Tage später wurde sie im Alter von 55 Jahren beerdigt. Trauerreden waren nicht erlaubt.

Auf einer Reichskonferenz von in Deutschland verbliebenen SPD-Funktionären am 19. Juni 1933 in Berlin machte sich eine gereizte Stimmung gegen die ins Exil gegangenen Parteimitglieder breit. In aller Öffentlichkeit wurde die Trennung vom Prager Exilvorstand der SPD beschlossen:

"Deutsche Parteigenossen, die ins Ausland gegangen sind, können keinerlei Erklärungen für die Partei abgeben. Für alle ihre Äußerungen lehnt die Partei jede Verantwortung ausdrücklich ab."

Es wurde ein neues Führungsgremium gewählt, das sich nicht mehr Parteivorstand, sondern "Direktorium" nannte. Es bestand aus den Genossen Max Westphal, Johannes Stelling, Erich Rinner, Franz Künstler und den Fraktionsvorsitzenden Paul Löbe (Reichstag) sowie Paul Szillat (Preußischer Landtag). In mehreren Büchern und Internet-Medien ist zu lesen, dass es jüdischen Parteimitgliedern untersagt worden sein soll, diesem Gremium anzugehören. Dafür konnte bisher keine zuverlässige Quelle gefunden werden. Es ist auch eher unwahrscheinlich, weil bekannte jüdische SPD-Funktionäre schon im März aus Deutschland geflohen waren.

Löbe erinnerte an das "Angebot zur loyalen Mitarbeit", das schon Otto Wels in seiner Rede zur Ablehnung des Ermächtigungsgesetzes der Hitler-Regierung vorgeschlagen hatte. Letzten Endes nützte alles nichts. Wenige Tage nach dieser Konferenz wurde die politische Betätigung für die SPD entscheidend eingeschränkt. Das offizielle Verbot der Partei folgte dann am 14. Juli 1933. Die SPD hatte innerhalb Deutschlands aufgehört zu existieren.

Paul Löbe selbst wurde Ende Juni für mehrere Monate inhaftiert, aber aus der Haft nach dem Versprechen entlassen, seine politische Tätigkeit aufzugeben. Wenig später berichtete das SPD-Parteiblatt Neuer Vorwärts im Prager Exil in seiner Ausgabe vom 18.2.1934 von einem Gespräch, dass Löbe mit dem Berliner Korrespondenten der konservativen Zeitung Libre Belgique aus Belgien geführt hatte und das nun von der nationalen Presse in Deutschland zitiert wurde. Gerade deshalb wurde die Echtheit des Interviews von den "Pragern" in Zweifel gezogen.

Das Gespräch fand allerdings statt und ist echt. Die folgenden Zitate stammen aus einem solchen Bericht einer deutschen Zeitung.

"Er [Löbe] lebe augenblicklich von der Arbeitslosenunterstützung. Vor der Entlassung aus der Schutzhaft, in der man ihn korrekt behandelt habe, sei er die Verpflichtung eingegangen, sich in Zukunft jeder politischen Betätigung zu enthalten. Das sei ihm umso leichter gefallen, als er die wirkliche Ueberzeugung besitze, dass die Politik der ehemaligen SPD für immer erledigt sei. Mit Hitler sei er der Ansicht, dass ihre Zeit unwiederbringlich dahin sei."

Zur Wirtschaftspolitik äußerte Löbe:

"Er sei objektiv genug, um zuzugeben, dass die nationalsozialistischen Führer Probleme angepackt hätten, an die sich die Sozialdemokratie nie heran gewagt hatte... Wenn es der neuen Regierung gelinge, die Millionen von Erwerbslosen wieder in den Wirtschaftsprozess einzureihen, so könne er sich vor solch gewaltigen Erfolgen nur Ehrfurcht empfinden."

Ausdrücklich sprach sich Löbe für den Anschluss des Saarlandes und Österreichs aus:

"Auf den Einwand des Korrespondenten, Löbe spreche ja wie Hitler, habe Löbe erklärt, er wisse, dass die Vaterlandsliebe über allen Parteien stehe. Es sei Wahnsinn, wenn man annehmen wolle, dass die Sozialdemokratie jemals wieder in Deutschland zur Macht gelange."

Nach der Veröffentlichung wünschte Löbe in einer Zuschrift an Libre Belgique lediglich eine Korrektur des Artikels, welche auch abgedruckt wurde:

"Man würde mich für einen unwürdigen Ueberläufer halten, wenn ich, nachdem ich so eine lange Zeit für andere Ideale gewirkt habe, mich jetzt als einen begeisterten Nationalsozialisten ausgeben würde."

Neuer Vorwärts berichtet über den 'Fall Löbe' in seiner Ausgabe vom 25.02.1934

In seiner nächsten Ausgabe vom 25.2.1934 war der Neue Vorwärts schon nicht mehr so sicher, dass es sich bei dem Interview um eine Fälschung handeln könnte. Unter der Überschrift "Der Fall Löbe" forderte die Zeitung, dass sich ehemalige Führer der Sozialdemokratie "nicht zu Reklamezwecken und Propagandainstrumenten des Regimes herabwürdigen lassen" dürften. Weiter heißt es wörtlich:

"Tragen sie nur das Geringste dazu bei, einen solchen Mißbrauch zu ermöglichen, dann bringen sie sich um jede persönliche Achtung und brennen sich selber das Brandmal des Verrats auf die Stirne... Wir erwarten, daß Löbe trotz aller Schwierigkeiten Mittel und Wege finden wird, um jede Verantwortung für den Inhalt des Interviews abzulehnen."

Vielleicht hatte Löbe zu diesem Zeitpunkt gar keine Kenntnis von diesem Text und konnte nicht reagieren. Trotzdem hätte das nichts an seinen Aussagen geändert. Der Bruch mit den ehemaligen SPD-Genossen im Ausland war ja schon lange vorher vollzogen worden.

Dass das Gespräch mit der belgischen Zeitung tatsächlich stattgefunden hat, erwähnt Paul Löbe selbst in seinen Lebenserinnerungen "Der Weg war lang". Im Mai 1938 wurde er nämlich zu seiner Überraschung von einem Abgesandten Hermann Görings an seinem Arbeitsplatz bei einem wissenschaftlichen Verlag aufgesucht. Dieser bat ihn umgehend zu einem Gespräch mit dem Ministerpräsidenten und fuhr ihn auch sofort hin. Er kannte Göring persönlich, war dieser doch sein Nachfolger im Amt als Reichstagspräsident. Göring begrüßte ihn mit "Guten Tag, Herr Löbe" statt der sonst üblichen Floskel "Heil Hitler" und erwähnte eben dieses Interview, das Löbe ausländischen Journalisten gegeben hatte.

Folgt man der Schilderung aus Löbes Memoiren, dann ergab sich eine Diskussion über die wirtschaftlichen Leistungen der NSDAP, die Löbe dazu nutzte, auf seine eigenen finanziellen Einbußen hinzuweisen. Alle Vorkehrungen für das Alter seien ihm genommen worden. Göring versprach, dass das ihm zugefügte Unrecht wieder gutgemacht werden sollte. Und in der Tat erhielt Löbe Schadenersatz und es wurde ihm eine monatliche Rente gewährt, die tatsächlich bis 1945 ausbezahlt wurde.

Nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944 auf Adolf Hitler wurde Löbe im Rahmen einer umfassenden Verhaftungsaktion der Gestapo noch einmal für einige Monate eingesperrt. Das Ende des Zweiten Weltkrieges erlebte er dann in Niederschlesien, siedelte aber nach der Vertreibung durch die Polen nach Berlin um. Er gehörte von 1949 bis 1953 dem Deutschen Bundestag an. 1954 wurde er Vorsitzender des "Kuratoriums Unteilbares Deutschland" und blieb es zeitlebens. Nach Löbes Tod wurde 1967 zu seinen Ehren ein Staatsakt im Rathaus Schöneberg abgehalten und er erhielt ein Ehrengrab auf dem Waldfriedhof in Zehlendorf.

Fast unbekannt blieb eine Nebentätigkeit von Paul Löbe. Von 1921 bis 1933 war er nämlich Vorsitzender des Deutsch-Österreichischen Volksbundes, der für den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich eintrat.

Zitieren wir in diesem Zusammenhang den schon weiter oben erwähnten Wilhelm Hoegner. Dieses Mal aus seinem Buch "Die verratene Republik. Deutsche Geschichte 1919-1933", Seite 217:

"Im Frühjahr 1927 lächelte dem nationalsozialistischen Führer auch in Bayern wieder das Glück. Für die Aufhebung des gegen ihn erlassenen Redeverbots hatte sich im Reichstag kein geringerer als der sozialdemokratische Reichstagspräsident Löbe eingesetzt. Er meinte, man solle doch einem österreichischen Deutschen, der im Weltkrieg vier Jahre für Deutschland sein Leben aufs Spiel gesetzt habe, den Zutritt zum deutschen Staatsverband nicht verwehren. Ein vorbeugendes Redeverbot gegen Hitler sei höchst ungerecht, denn man könne ihn, wenn er zu Gewalttätigkeiten aufreize, nachher vor Gericht stellen und abstrafen lassen. Diese Äußerung war für einen Anhänger des Anschlusses Deutsch-Österreichs und einen unentwegten Demokraten folgerichtig, nur war Hitler, der wegen Hochverrats Bestrafte, nicht der Mann, sich den Spielregeln der Demokratie zu fügen, und die deutschen Gerichte waren nicht gewillt, mit ihm zu verfahren, wie man mit gewöhnlichen Übeltätern verfuhr."

Es befremdet schon sehr, dass ein hoher Parteifunktionär wie Löbe, den die Parteifreunde quasi als Verräter abgestempelt hatten, nach Kriegsende wie Phoenix aus der Asche steigen konnte und bis zu seinem Tode mit zahllosen Ehrungen überhäuft wurde, einschließlich Staatsakt mit Aufbahrung seines Sarges im Rathaus Schöneberg und Ehrengrab auf dem Waldfriedhof Zehlendorf. Das scheint uns aus heutiger Sicht, zu viel der Ehre zu sein.

Quellen:
Wikipedia: Paul Löbe extern🡽 Wikipedia: Friedensrede vom 17. Mai 1933 extern🡽 Wilhelm Hoegner: Leseprobe aus seinem Buch "Flucht vor Hitler" extern🡽 www.leo77.org: Toni Pfülf extern🡽 u. a.

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