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US-Atombombenabwürfe auf Zivilbevölkerung

aktualisiert am 15.5.2022

Atombombenabwurf über Nagasaki am 9. August 1945 Foto aus Wikipedia (gemeinfrei):
Atombombenabwurf über Nagasaki am 9. August 1945

Die Vereinigten Staaten von Amerika sind bisher der einzige Staat der Welt, der Atombomben in einem Krieg eingesetzt hat. Und das auch noch gegen Zivilisten. Ein menschenverachtendes Kriegsverbrechen, das ungesühnt blieb.

Der Krieg in Europa war schon seit dem Mai beendet, aber der Krieg im Pazifik mit Japan tobte weiter. Um eine schnelle Kapitulation der Japaner zu erreichen, schickten US-Präsident Truman und seine Militärs am 6. August 1945 einen B-29-Bomber mit brisanter Fracht Richtung Japan. Es war nur eine einzige Bombe, aber in den Augen der verantwortlichen Militärs und Politiker war es eine Art Wunderwaffe.

Die Atombombe mit dem unschuldigen Namen "Little Boy" ["Kleiner Junge"] wurde aus Sicherheitsgründen erst während des Transports im Flugzeug scharf gemacht und morgens um 08:16 Uhr über der japanischen Großstadt Hiroshima abgeworfen. Die "Wunderwaffe" explodierte in etwa 600 Metern Höhe über der Innenstadt und löschte binnen Minuten das Leben von rund 90.000 Menschen aus. Wenn es nicht so grausam und zynisch wäre, könnte man fast meinen, dass diese Opfer sogar noch Glück gehabt haben. Ihnen blieb nämlich ein qualvoller Tod durch die radioaktive Strahlenkrankheit erspart, den weitere 50.000 Menschen in den nächsten Tagen und Wochen erlitten. Fast alle Leidtragenden waren Zivilisten.

Die Fat-Man-Bombe wird für den Angriff auf Nagasaki am 9. August 1945 vorbereitet Foto aus Wikipedia (gemeinfrei):
Die riesige Atombombe wird für den Angriff am 9. August 1945 vorbereitet

Nur drei Tage später ging der Befehl an die nächste Bomberbesatzung, die zweite Atombombe, "Fat Man" ["Dicker Mann"] genannt, über der Großstadt Kokura abzuwerfen.

Am 9. August herrschte jedoch schlechte Sicht über Kokura und die Besatzung konnte den eigentlichen Zielpunkt, einen wichtigen Rüstungsbetrieb, nicht ausmachen. Nach drei vergeblichen Anflügen hatte das Flugzeug viel Treibstoff verloren, so dass der Bomber nur durch den Abwurf der tonnenschweren Bombe den US-Stützpunkt wieder sicher hätte erreichen können. Das rettete Kokura und besiegelte das Schicksal von Nagasaki, welche als Ausweichziel festgelegt wurde. Um 11:02 Uhr detonierte "Fat Man" über Nagasaki. Fast die Hälfte der Großstadt wurde zerstört. Über 70.000 Menschen starben entweder sofort oder innerhalb der nächsten vier Monate. Andere Berechnungen sind noch höher.

Luftaufnahme von Nagasaki vor und nach der Kernwaffenxplosion Foto aus Wikipedia (gemeinfrei):
Luftaufnahme von Nagasaki vor und nach der Kernwaffenexplosion

Obwohl die Sprengkraft von "Fat Man" um die Hälfte stärker war als "Little Boy", starben weniger Menschen. Das lag an der hügeligen Geografie von Nagasaki, welche die Ausbreitung der Druckwelle behinderte.

Zwei Zahlen müssen genannt werden:
Die USA verloren etwa 130.000 Soldaten im gesamten Pazifikkrieg. Aber die Anzahl der zivilen Opfer allein durch die beiden Atombomben kann mit mindestens 200.000 Menschen angenommen werden.

Eisenhower, der amerikanische Oberbefehlshaber in Deutschland, sprach sich gegen den Einsatz der neuen Bombe aus und gab später zu bedenken: "Japan suchte zu diesem Zeitpunkt bereits einen Weg zu kapitulieren – mit einem möglichst geringen Gesichtsverlust."

In der Tat führten Amerikaner und Japaner erste Waffenstillstandsgespräche und Kapitulalitionsverhandlungen schon vor dem 6.8.1945. Die USA und Großbritannien verlangten eine bedingungslose Kapitulation mit Abdankung des Kaisers, die für Japan nicht annehmbar war. Die UdSSR war an den Gesprächen nicht beteiligt, weil sie sich noch an den japanisch-sowjetischen Neutralitätspakt von 1941 gebunden fühlte. Die harte Haltung der US-Amerikaner könnte daran gelegen haben, dass sie unbedingt die neue Kernwaffe testen wollten. Eisenhower berichtete später, dass die Entscheidung zum Einsatz der beiden Atombomben schon am 16. Juli festgestanden hätte. Die japanische Kapitulation - ohne Abdankung des Kaisers - erfolgte übrigens am 2. September 1945.

Die US-Führung verteidigte den Einsatz der bis dahin schrecklichsten Waffe der Weltgeschichte mit der Hoffnung auf ein schnelleres Kriegsende und mit den erwarteten hohen Verlusten an eigenen Soldaten bei einer Invasion Japans. Kritiker merkten an, dass es vielleicht noch andere Gründe gab:

Vermutlich wäre der Zweck auch erreicht worden, wenn bevölkerungsarme Gebiete und nicht gerade Großstädte als Ziele ausgesucht worden wären. Zudem war es ja offensichtlich möglich, verschiedene Größen von Kernwaffen mit unterschiedlicher Sprengkraft herzustellen. Hätten kleinere Bomben nicht das gleiche Ziel erreicht? Auch eine Vorwarnung für die jeweils betroffenen Städte hätte vielleicht Unruhe und Panik in der Bevölkerung verbreiten und zur Destabilisierung des japanischen Staates beitragen können.

Über 70 Jahre nach Kriegsende reiste Barack Obama 2016 als erster amtierender amerikanischer Präsident nach Hiroshima. Es sollte eine Versöhnungsgeste sein. Der Friedensnobelpreisträger fand aber keine Worte der Entschuldigung für den Einsatz der Kernwaffen. Für die Mehrzahl der Amerikaner waren und sind die Abwürfe der Atombomben berechtigt, wenn auch bedauerlich.

Fast drei Jahrzehnte später erwog ein amerikanischer Präsident erneut den Einsatz von Atombomben. In einem Gespräch im April 1972 mit seinem Sicherheitsberater Henry Kissinger diskutierte Staatschef Richard Nixon die Lage in Vietnam. Dort führten die Vereinigten Staaten von Amerika im Verbund mit der südvietnamesischen Marionettenregierung seit 1964 Krieg gegen Nordvietnam und gegen die vom Norden unterstützten Vietcong (eine Guerilla-Organisation im Süden Vietnams).

Amerikanische Kriegsflugzeuge versprühen das chemische Entlaubungsmittel 'Agent Orange' Foto aus Wikipedia (gemeinfrei):
Amerikanische Kriegsflugzeuge versprühen das chemische Entlaubungsmittel "Agent Orange"

Die Situation hatte sich für Südvietnam und die amerikanischen Truppen von Jahr für Jahr verschlechtert - trotz massenweiser Flächenbombardements mit chemischen Stoffen. Wie mitgeschnittene Tonbandprotokolle, die 2002 veröffentlicht wurden, beweisen, schlug Präsident Nixon als alternative Kriegswaffe zu konventionellen wörtlich vor: "Ich würde eher die Atombombe einsetzen." Zwar antwortete Kissinger: "Ich denke, das wäre zu viel." Aber es ist erschreckend, dass diese Option überhaupt in Erwägung gezogen wurde. Nixon hätte demnach die Vernichtung eines Landes in Kauf genommen, welches weder die Vereinigten Staaten angegriffen hatte noch eine tatsächliche Bedrohung darstellte. Im Gegenteil, Vietnam lag und liegt Tausende Kilometer von den Küsten Amerikas entfernt.

Das wenigstens unterscheidet die Situation vom gegenwärtigen Krieg Russlands gegen die Ukraine. Dieser Staat ist ein direktes Nachbarland und stellt eine Bedrohung dar, wenn die Ukraine NATO-Mitglied werden würde. Weil sich Putin und die russische Militärführung bei ihrem Überfall verzockt haben und ein schneller Sieg ausblieb, wird offen mit dem möglichen Einsatz von Atomwaffen gedroht, weil es um den Bestand Russlands selbst gehen würde. Natürlich erhofft man sich auch eine Abschreckung gegen etwaige weitere NATO-Kandidaten in unmittelbarer geografischer Nähe.

Jegliche Anwendung von Atomwaffen ist ein ungeheures und grenzenloses Kriegsverbrechen und würde die Verwüstung und Auslöschung ganzer Nationen bedeuten.

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